Als Gruppenleitung bist du der Motor der Gruppe – du gibst Struktur, sorgst für eine vertrauensvolle Atmosphäre und hilfst dabei, dass sich alle gesehen und gehört fühlen. Damit du diese wichtige Aufgabe leichter und effektiver meistern kannst, findest du hier ausführliche Tipps und Strategien für eine erfolgreiche Gruppenleitung.
Doch bevor wir loslegen: Selbsthilfegruppen brauchen Menschen wie dich! Menschen, die den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen, die das Potenzial von Gemeinschaft erkennen und bereit sind, anderen einen sicheren Raum zu geben. Ohne Gruppenleitende, die eine Gruppe ins Leben rufen und stärken, würde der Zauber der Selbsthilfe nicht entstehen.
Als Gruppenleitung bist du nicht nur Moderatorin – du bist auch Wegbereiterin. Du schaffst Möglichkeiten für andere, gehört zu werden, Kraft zu schöpfen und über sich hinauszuwachsen. Diese Rolle ist nicht nur verantwortungsvoll, sondern auch unglaublich erfüllend. Es ist ein Geschenk, zu sehen, wie eine Gruppe zusammenwächst, wie Menschen sich gegenseitig unterstützen und neue Perspektiven gewinnen.
Vielleicht hast du selbst schon erlebt, wie kraftvoll es sein kann, sich in einer Gruppe verstanden zu fühlen. Stell dir vor, du bist derdiejenige, derdie genau diesen Raum erschafft. Du musst dafür nicht perfekt sein, keine fertigen Lösungen parat haben oder alles wissen. Es reicht, wenn du offen, empathisch und bereit bist, den ersten Schritt zu gehen.
Vielleicht fragst du dich jetzt: „Wie fange ich überhaupt an?“ oder „Schaffe ich das?“ – keine Sorge! Du musst kein Profi sein, um eine Gruppe zu leiten. Mit ein paar einfachen Werkzeugen, ein wenig Struktur und deinem Herzblut kannst du diese Aufgabe mit Leichtigkeit meistern.
Die folgenden Tipps zeigen dir Schritt für Schritt, wie du deine Gruppe sicher, empathisch und wirkungsvoll leitest – und dabei selbst Freude an deiner Rolle findest.
1. Schaffe einen sicheren Raum
Ein sicherer Raum ist das Fundament jeder erfolgreichen Selbsthilfegruppe. Hier können die Mitglieder offen sprechen, ohne Angst vor Bewertung oder Verurteilung.
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Regeln für Vertrauen:
Beginne die Gruppe mit einer kurzen Einführung in die wichtigsten Gruppenregeln. Klare Absprachen zu Vertraulichkeit („Was in der Gruppe besprochen wird, bleibt in der Gruppe“), Wertschätzung und Respekt schaffen Sicherheit. -
Offene Atmosphäre schaffen:
Achte darauf, dass alle Teilnehmenden sich willkommen fühlen. Kleine Gesten – wie ein freundliches „Schön, dass du da bist!“ – senken die Hemmschwelle. -
Einfühlsamkeit zeigen:
Manchmal fällt es Mitgliedern schwer, persönliche Themen anzusprechen. Gib ihnen Raum, aber ermutige sanft zur Teilnahme. Sätze wie „Nur wenn du magst – möchtest du uns erzählen, wie es dir geht?“ zeigen Verständnis und bieten eine Einladung.
2. Finde die richtige Balance
In einer Selbsthilfegruppe ist es wichtig, dass jede Stimme gehört wird. Gleichzeitig braucht die Gruppe eine gewisse Ordnung, um produktiv zu bleiben.
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Aktive Moderation:
Wenn einzelne Mitglieder dominieren, unterbrich freundlich und gib das Wort an ruhigere Teilnehmer weiter. Zum Beispiel: „Ich würde gern auch hören, was andere dazu denken – was meinst du, Anna?“ -
Raum für alle schaffen:
Manche sind zurückhaltender – gib ihnen Zeit. Manchmal hilft eine „Redekreis“-Methode, bei der jeder reihum sprechen kann, ohne Zwang. -
Emotionen zulassen – aber steuern:
Gefühle haben in Selbsthilfegruppen Platz. Doch wenn Diskussionen hitzig werden, erinnere an die Gruppenregeln: „Ich merke, das Thema bewegt uns sehr – wollen wir kurz durchatmen, bevor wir weitermachen?“
3. Setze klare Strukturen
Strukturen geben den Treffen einen verlässlichen Rahmen und helfen, die Zeit sinnvoll zu nutzen.
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Einstieg:
Beginne die Treffen mit einer Begrüßungsrunde. Eine einfache Einstiegsfrage wie „Was beschäftigt dich heute besonders?“ hilft, ins Gespräch zu kommen. -
Themen setzen – mit Flexibilität:
Bereite ein oder zwei Themen für das Treffen vor, bleibe aber offen, wenn spontan wichtige Anliegen aufkommen. Notiere Vorschläge der Gruppe für zukünftige Treffen. -
Pausen einplanen:
Gerade bei emotionalen Themen sind kurze Pausen wichtig. Plane bei längeren Treffen bewusst 5–10 Minuten Pause ein. -
Abschlussrunde:
Eine Abschlussrunde gibt den Mitgliedern die Möglichkeit, das Treffen reflektiert zu beenden. Fragen wie „Was nimmst du heute mit?“ oder „Wie fühlst du dich nach dem Gespräch?“ schaffen einen wertvollen Abschluss.
4. Achte auf deine Rolle
Als Gruppenleitung bist du gleichzeitig Moderatorin und Teilnehmerin – diese Doppelrolle erfordert Fingerspitzengefühl.
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Moderatorin statt Beraterin:
Dein Ziel ist es nicht, Lösungen vorzugeben, sondern den Raum für den Austausch zu gestalten. Vermeide es, zu beraten oder zu urteilen. Nutze stattdessen offene Fragen wie „Wie hast du diese Situation erlebt?“ -
Konflikte moderieren:
Konflikte können entstehen – wichtig ist, sie frühzeitig zu erkennen und anzusprechen. Bleibe neutral und unterstütze die Gruppe dabei, respektvoll zu kommunizieren. „Ich merke, dass hier unterschiedliche Sichtweisen aufeinandertreffen – wie können wir sicherstellen, dass sich alle wohlfühlen?“ -
Vorbildfunktion:
Deine eigene Haltung prägt die Gruppe. Lebe die Werte der Selbsthilfe vor: Offenheit, Ehrlichkeit, Respekt. Wenn du selbst persönliche Erfahrungen teilst, schaffst du eine Atmosphäre des Vertrauens.
5. Fördere Selbstverantwortung
Selbsthilfe lebt davon, dass die Mitglieder Verantwortung für sich und die Gruppe übernehmen.
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Eigeninitiative anregen:
Ermutige die Mitglieder, eigene Themen einzubringen oder auch mal selbst ein Treffen zu moderieren. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl und gibt jedem eine aktive Rolle. -
Gemeinsame Entscheidungen:
Binde die Gruppe in Entscheidungen ein – von der Auswahl der Themen bis zu organisatorischen Fragen. So fühlen sich alle mitverantwortlich und engagierter. -
Stärken fördern:
Jede*r hat individuelle Stärken. Vielleicht möchte jemand kreative Methoden einbringen (z. B. Schreiben, Malen) oder eine Entspannungsübung anleiten. Fördere diese Potenziale.
6. Nimm dir Zeit für dich
Die Leitung einer Selbsthilfegruppe kann emotional herausfordernd sein. Achte darauf, deine eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen.
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Selbstreflexion:
Nimm dir nach den Treffen bewusst Zeit, um die Erfahrungen zu verarbeiten. Überlege: „Was lief heute gut? Wo gab es Herausforderungen?“ -
Eigene Grenzen erkennen:
Es ist wichtig, deine eigenen emotionalen Grenzen zu spüren. Wenn du dich nach mehreren Treffen ausgelaugt fühlst, sprich offen mit der Gruppe darüber oder suche selbst Unterstützung (z. B. in einer Supervisionsgruppe). -
Austausch mit anderen Leitenden:
Vernetze dich mit anderen Gruppenleitenden – der Austausch über Erfahrungen, Herausforderungen und Erfolge kann sehr entlastend sein. Vielleicht gibt es auch Fortbildungsangebote oder Supervisionen für Gruppenleitende in deiner Region.
Selbsthilfegruppen entfalten ihre Kraft erst dann voll, wenn es Menschen gibt, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und einen Raum für Gemeinschaft zu schaffen. Vielleicht bist genau du diese Person.
Als Gruppenleitung kannst du echte Veränderungen bewirken – für dich selbst und für andere. Es ist eine Aufgabe, die fordert, aber auch unendlich bereichert. Der Moment, wenn jemand zum ersten Mal in der Gruppe sagt „Ich bin so froh, dass ich hier bin“, ist unbezahlbar.
Also: Wage den Schritt, inspiriere andere und hilf dabei, Brücken zu bauen. Selbsthilfe – gemeinsam sind wir stark!